Jour fixe Bildungstheorie - Bildungspraxis: Natürlich ungleich!? - Zur sozialen Konstruktion von Geschlecht in Bildungsprozessen
Natürlich ungleich!?
Gendergerechtigkeit als Perspektive der Erwachsenenbildung
„Die Frage nach der Geschlechterperspektive in der Erwachsenenbildung provoziert auch gegenwärtig noch eher emotionale und assoziativ eingefärbte Reaktionen als theoretisch deutliche und praktisch bedeutsame Antworten. Sie bringt Abwehr, Indifferenz, Irritation und Neugier ans Licht, aber keine klaren, wissenschaftlich gestützten und bildungsrelevant profilierten Positionen.“ So schrieb es Angela Venth 2006 in ihrer Doktorarbeit „Gender-Porträt Erwachsenenbildung. Diskursanalytische Reflexionen zur Konstruktion des Geschlechterverhältnisses im Bildungsbereich“ (http://www.die-bonn.de/id/3415).
Die letzten großen thematischen Schwerpunkte zu Gender Mainstreaming, Gender Kompetenzen oder Gender Bias auf erwachsenenbildung.at datieren auf 2006 und 2015. Wozu heute eine ganze Reihe zu Gendergerechtigkeit? Einerseits ist die Erwachsenenbildung wie andere Bildungsbereiche ein vor allem von (unbezahlter) weiblicher Sorge- und Fürsorgearbeit getragenes Feld. Viele Leitungspositionen bleiben von Männern besetzt. Zugleich sind Fragen der Gleichberechtigung und der Ungleichbehandlung (Gender Pay Gap, Gender Care Gap, Misogynie, häusliche Gewalt, Alltagssexismus, Verschränkung mit anderen Ideologien wie Class, Race und Ability) aktuell und dringend. Welchen Anspruch verfolgen intersektionale Geschlechterpolitiken?
Vor allem rückwärtsgewandte Kräfte sehen im „Feminismus“ neben der „Ökologie“ eine Ideologie der Wokeness am Werk. So diskreditieren sie die mühsame und langwierige Arbeit an Gerechtigkeit und sozialem Fortschritt zugunsten einer patriarchalen, feudalen Ordnung, die nur Hierarchie und Gewalt kennt. Aber auch diejenigen, die sich für Gleichheit und Gleichbehandlung aussprechen, sind mit ungleich geprägten Strukturen und Institutionen konfrontiert. Welche Maßnahmen müssen auch auf (bildungs)politischer Ebene gesetzt werden, um in einem gleichberechtigten Rahmen agieren zu können?
Wie kreativ, mutig, weitsichtig und klug gendergerechte Ansätze in der Erwachsenenbildung sein können und wie treffend ihre Kritikpunkte, wollen wir nach dem Wintersemester auch im Sommersemester wieder untersuchen. Wir gehen auch der Frage nach, welche Gerechtigkeitsvorstellungen mit unterschiedlichen geschlechtertheoretischen Einsätzen verbunden sind. Dazu haben wir theoretische und praktische Expertise aus Forschung und Praxis zusammengestellt, um zu fragen, wie eine gendergerechte Erwachsenenbildung für alle Geschlechter aussehen und gestaltet werden könnte.
26.03.2025
Veronika Wöhrer (Wien): „Mich sehen eigentlich fast viele wie einen Jungen“. Zur sozialen Konstruktion von Geschlecht in Bildungsprozessen
Dass Geschlecht nicht einfach „besessen“ oder „ausgedrückt“, sondern in Institutionen und Interaktionen beständig neu hergestellt wird, ist eine Erkenntnis, die in der Genderforschung bereits mehr als 40 Jahre alt ist. Vor dem Hintergrund dieser Theorien zur sozialen Konstruktion von Geschlecht (klassisch: West/Zimmerman 1987; Fenstermaker/ West 1995; mit anderem Schwerpunkt auch: Butler 1991) werden in diesem Vortrag zwei Beispiele für die Konstruktionen von geschlechtlichen Ein- und Zuordnungen in zwei unterschiedlichen pädagogischen Kontexten erzählt. In diesen Beispielen werden einerseits vereindeutigende Zuordnungen zu einem bestimmten Geschlecht hinterfragt und andererseits Konstruktionsprozesse von Geschlecht im Zuge der Berufswahl thematisiert.
Veronika Wöhrer ist Professorin für Bildung und Ungleichheit am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien
Weitere Termine:
09.04.2025: Patrizia Jankovic (Wien): Gleichbehandlung im politischen Spannungsfeld
28.05.2025: Gundula Ludwig (Innsbruck): Feministische Bildung überall und jetzt! Warum es in autoritären Zeiten feministische (Bildungs-)Politiken braucht
18.06.2025: Simone Müller (Graz): Gerechtigkeit nach „dem Menschen“ – eine ökofeministische Perspektivierung
Der Jour fixe Bildungstheorie | Bildungspraxis:
Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation zwischen Erwachsenenbildung und Universität, in der das Theorie-Praxis-Verhältnis der Erwachsenenbildung als lebendiger Diskurs gepflegt wird. Im Zentrum der Diskussions- und Vortragsabende, Expert*innengespräche und Workshops an drei bis fünf Terminen pro Semester stehen offener Austausch, Perspektivenwechsel, theoretische Reflexion und Kritik. Die Reihe ist offen für alle Interessierte.
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Online
Termin:
26.03.2025
Mittwoch, 19.00 - 21.00 Uhr
GastgeberIn:
Veronika Wöhrer ist Professorin für Bildung und Ungleichheit am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien
Kosten:
Die Teilnahme ist kostenlos!
Kontakt:
tiroler.bildungsforum@tsn.at
Weitere Infos:
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